Vor ein paar Jahren wusste kaum noch jemand, was ein Fintech ist, doch heute sprießen sie fast schon wie Pilze aus dem Boden. Mit der PSDII[1] haben sich im Finanzbereich viele neue Möglichkeiten für Startups ergeben und auch durch die Blockchain Technologie kommt viel Bewegung und frischer Wind in die traditionelle Branche.
Disruptive Geschäftsmodelle wie das von Revolut, Klarna, TransferWise, Stripe etc. haben die „alte“ Finanzwelt aufgerüttelt und erobern immer größere Marktanteile. Dabei erhalten sie von Investoren und VC-Funds oft sogar dreistellige Millionenbeträge.
Warum es für manche FinTechs trotzdem so schwer zu sein scheint durchzustarten, hängt von diversen Faktoren ab. Nachfolgend daher sieben Punkte, die man als FinTech Startup beachten sollte:
1. Erfahrung: Nicht selten sind Gründer oft noch sehr jung, was nicht viel heißen mag, aber dennoch mangelt es ihnen i.d.R. an Managementerfahrung. Natürlich hilft ein sicheres Auftreten und Überzeugungskraft, aber mehr noch als das, ist es wichtig, ein kompetentes Team um sich herum aufzubauen und Aufgaben zu delegieren.
2. Risikomanagement: Im Rausch der Gründungsphase überwiegt oftmals die Euphorie und übertüncht so manch gut gemeinten Rat von außen. Bedenken werden beiseite gewischt und Risiken nicht ernst genommen. Dabei wäre ein gesundes Mittelmaß aus Risikoaffinität (Klar, sonst traut man sich ja nicht zu gründen) und Risiko Mitigation, also der Risikobegrenzung bzw. -verhinderung optimal.
3. Regulatorik: FinTechs müssen häufig mit komplexen und sich ändernden Regulierungen umgehen, was zu zusätzlichen Kosten und Verzögerungen führen kann.
Den wenigsten FinTechs mangelt es an technologischem Know-How, gleichwohl sie dies oft in trügerischer Sicherheit wiegt, da sie den organisatorischen Aufwand einer kompetenten Compliance-Abteilung unterschätzen. Es ist bekannt, dass FinTechs oft mit Compliance-Problemen konfrontiert sind, insbesondere im Bereich der Geldwäsche- und Terrorismusfinanzierung. Es ist daher von hoher Wichtigkeit, dass die Unternehmen ihre Compliance-Verfahren ständig überprüfen und verbessern, um sicherzustellen, dass sie den geltenden Gesetzen und Vorschriften entsprechen. Gerade der KYC (Know your Customer)-Prozess wird von vielen FinTechs unterschätzt.
Wenn ein Unternehmen „Bank spielen“ will, dann muss es die gleichen Organisationsstrukturen und Regeln beachten, wie jedes andere Finanzinstitut. Zumindest ist das in Deutschland und Europa der Fall. Ob Kunden einem mehr oder weniger unreguliertem Unternehmen, mit Sitz auf den BvI oder den Bahamas vertrauen sollten, bleibt jedem selbst überlassen. Spätestens seit dem Niedergang von FTX dürfte aber wohl allen das Risiko klar sein. In europäischen Ländern werden jedenfalls nur solche Unternehmen bankenähnliche Dienstleistungen (Konten, Zahlungsverkehr, Überweisungen) anbieten können, die sich organisatorisch, rechtlich und IT-technisch sehr gut aufstellen.
4. Finanzierung: FinTechs benötigen oft viel Kapital, um ihre Produkte und Dienstleistungen zu entwickeln und zu skalieren. Ohne ausreichende Finanzierung können sie ihre Geschäftsmodelle nicht umsetzen. Viele junge Unternehmer sind oft überfordert, wie sie richtig pitchen, an die richtigen oder überhaupt an Investoren zu gelangen oder es mangelt ihnen schlicht an Überzeugungskraft. Investoren schauen nicht nur auf die Zahlen, Daten und Fakten, sondern achten vor allem auch auf die Ausstrahlung des Gründers/Gründerteams.
5. Marketing: Wenn FinTechs ihre Produkte oder Dienstleistungen nicht erfolgreich vermarkten und keine ausreichende Nachfrage generieren können, werden sie Probleme haben, ihre Geschäftsmodelle zu realisieren. Eine Marketingstrategie ist daher genauso wichtig, wie die Unternehmensstrategie selbst. Dabei ist es unerlässlich sich mit seiner Zielgruppe auseinanderzusetzen. Nur wer seine Zielgruppe kennt, kann diese auch zielgerichtet ansprechen.
6. Skalierung: Um Produkte und Dienstleistungen erfolgreich auf eine größere Anzahl von Kunden auszuweiten, muss das Geschäftsmodell skalierbar sein. Skalierbarkeit bezieht sich dabei auf die Fähigkeit eines Systems, seine Leistung oder Kapazität proportional zur Nachfrage zu erhöhen. Ein Beispiel im FinTech-Bereich könnte sein, dass eine Online-Banking-Plattform skalierbar ist, wenn sie in der Lage ist, mehr Kunden und Transaktionen effizient zu verarbeiten, ohne dass die Leistung oder die Verfügbarkeit dabei beeinträchtigt werden.
7. Partner: Gerade im FinTech Bereich kommen die zwei komplexesten Bereiche zusammen, die man sich nur vorstellen kann: Die Finanzwelt mit allen ihren Herausforderungen im regulatorischen Bereich und die Tech-Welt mit ihren hochtechnologischen Vorgängen. Bei den jungen FinTech Startups kommen die Gründer oft aus der Tech-Welt und bringen ein enormes Technologieverständnis mit, andererseits fehlt es ihnen an Erfahrung aus der Finanzbranche. Deshalb ist es immer ratsam, ein Team so aufzubauen, dass es kompetente Leute aus beiden Bereichen enthält. Auch Fusionen und Partnerschaften sind von Vorteil, denn kaum ein Unternehmen kann die gewaltigen Herausforderungen alleine stemmen.
Für Fragen im FinTech-Bereich steht Ihnen das kompetente Team von 1st Level FinTech Consulting gerne beratend zur Seite.
[1] Die PSDII (2. Zahlungsdienstrichtlinie) ist eine EU-Richtlinie, die im Januar 2018 in Kraft getreten ist. Sie hat das Ziel, den Wettbewerb im Zahlungsverkehr zu fördern und die Innovationen im Finanzsektor an
zukurbeln. Sie erweitert die Regulierung von Zahlungsdienstleistern auf Unternehmen, die bisher nicht reguliert waren, wie z.B. FinTechs. Für Banken bedeutet die PSDII dass sie ihre Kundendaten (z.B. Kontoinformationen) auf Anfrage von Dritten (z.B. FinTechs) bereitstellen müssen. Dadurch sollen FinTechs Zugang zu denselben Informationen erhalten wie Banken selbst, was die Wettbewerbssituation verbessern soll. Für FinTechs bedeutet die PSDII, dass sie Zugang zu Kundendaten erhalten, sich aber nun wie Banken an die Regulierung halten müssen.
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